Als Makrozoobenthos werden am Gewässergrund lebende wirbellose Tiere bezeichnet, die mit dem bloßen Auge noch erkennbar sind. Hierzu zählen z.B. Eintagsfliegen, Krebstiere und Muscheln. Diese kleinen Flussbewohner sind eng an das Vorhandensein bestimmter Strukturen wie Totholz oder Kies gebunden und bevorzugen sauerstoffreiches und kühles Wasser. Aufgrund dieser Bindung sind sie wesentliche Indikatoren für Gewässerlebensräume und werden für die Bewertung des ökologischen Zustands und der Gewässergüte herangezogen. Darüber hinaus ist das Makrozoobenthos Dreh- und Angelpunkt im Nahrungsnetz des Lebensraums Fluss, da es zum einen als Konsument anfallendes organisches Material verwertet und zum anderen selbst als Nahrungsgrundlage für Fische dient. Zur Bewertung des ökologischen Zustands und des Nahrungsnetzes der Mulde, wurden im Rahmen des Forschungsschwerpunktes neben der Artenvielfalt und -zusammensetzung ebenfalls ihre potenziellen Nahrungsquellen beprobt. Diese reichen von Falllaub über Wasserpflanzen bis hin zu Algen und abgestorbenen Pflanzenresten.
Die Auswertung der Probenahmen vor Beginn der Maßnahmen ergab, dass die Artenzusammensetzung des Makrozoobenthos maßgeblich von den unterschiedlichen Strömungsbedingungen am Prall- und Gleithang sowie im Stromstrich bedingt wird. Diese Unterschiede resultieren erwartungsgemäß aus den verschiedenen Strömungsvorlieben der Arten. So dominierten am Gleithang strömungsmeidende Arten wie die Eintagsfliege (Caenis luctuosa). Der Stromstrich wurde hingegen von strömungsliebenden Arten wie der Eintagsfliege (Heptagenia sulphurea) oder der Köcherfliege (Hydropsyche contubernalis) besiedelt. Aber auch das Substrat an den unterschiedlichen Standorten hat einen Einfluss auf die Artengemeinschaft. So bieten die Steine der verbauten Flussufer im Besonderen dem nicht-heimischen invasiven Höckerflohkrebs (Dikerogammarus villosus) ideale Lebensbedingungen. Das natürliche Ufer sowie die Gleithänge werden hingegen von Arten die sandige Habitate bevorzugen, wie Wenigborster und Zuckmücken besiedelt. Im weiteren Projektverlauf soll anhand des Makrozoobenthos geprüft werden, inwiefern die „Wiederherstellung des Naturufers“ zu einer Veränderung der Artenvielfalt geführt hat.
Hinsichtlich des Nahrungsnetzes zeigen die einzelnen Untersuchungsgebiete deutliche Unterschiede. So unterscheidet sich zwar die Anzahl der Konsumenten zwischen den einzelnen Untersuchungsstandorten kaum, allerdings sind die Nahrungsnetze am natürlichen Ufer deutlich komplexer als die des verbauten Ufers. D.h. das Nahrungsangebot ist für die Kleinstlebewesen in den natürlichen Flussabschnitten wesentlich vielfältiger als in den verbauten Bereichen. Geringe Nahrungsnetzkomplexität kann mit einer geringeren Fähigkeit assoziiert sein, auf sich ändernde Umweltbedingungen ohne substantielle Änderungen zu reagieren (Resilienzverhalten).