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Das Verbundforschungsprojekt ‚Wilde Mulde‘ startet ins letzte Projektjahr

22. Juni 2020

Im bisherigen Projektzeitraum konnten bereits hydromorphologisch wirksame Revitalisierungsmaßnahmen im Fluss-Auenkontext erfolgreich umgesetzt werden. Die Wirkungen der Maßnahmen wurden fachdisziplinübergreifend vom Forschungsverbund untersucht, um einen Gesamtblick auf das Ökosystem Flusslandschaften und seine Funktionsfähigkeit zu ermöglichen.

Schon seit mehreren Generationen sind fast alle größeren Flüsse in Deutschland massiv verändert. Dazu gehören Laufverkürzungen, die Befestigung von Ufern, die Lenkung der Strömung durch Buhnen sowie Eingriffe in den Wasserhaushalt durch Stauanlagen. Auch die Beräumung von Totholz im Rahmen der Unterhaltung veränderte die Charakteristik der Flüsse stark. Dabei sind es gerade die an den Wechsel von Überflutung und Niedrigwasser gebundenen vitalen Fluss-Auen-Ökosysteme, die eine Vielzahl verschiedenster Lebensräume bereitstellen und von hoch spezialisierten Tier- und Pflanzenarten genutzt werden. Sie sind Hotspots der biologischen Vielfalt. Zudem stellen sie einzigartige und für eine intakte Umwelt wichtige Ökosystemfunktionen bereit.

Derzeit weisen weniger als 10 % der Fluss-Auen-Ökosysteme in Deutschland die dafür erforderliche ökologische Funktionsfähigkeit auf. Somit besteht ein enormes Potenzial, die biologische Vielfalt in Deutschland durch Revitalisierungsmaßnahmen in Gewässerlandschaften zu erhöhen um die Bereitstellung von Ökosystemfunktionen wie z.B. die Arten- und Lebensraumvielfalt oder die Reinigungsleistung zu verbessern.

Mit dem Verbundforschungsprojekt ‚Wilde Mulde‘ wurden an der Unteren Mulde in Mitteldeutschland konkrete hydromorphologische Maßnahmen umgesetzt und deren Wirksamkeit auf die Bereitstellung von (ausgewählten) Ökosystemfunktionen untersucht.

Das Projekt hat den Anspruch eine fachübergreifende Synthese zu ermöglichen und die Wirksamkeit von Revitalisierungsmaßnahmen zu visualisieren. Dies stellt grundsätzlich eine enorme Herausforderung für einen Forschungsverbund dar, der das Projekt ‚Wilde Mulde‘ mit der Entwicklung eines ‚Hydrologischen Distanz-Parameters‘ gerecht werden konnte. So ist die ‚Hydrologische Distanz‘ ein Indikator für die Fluss-Auen-Vernetzung, der einen wesentlichen Erklärungsanteil für das Vorkommen von Tier- und Pflanzenarten oder auch dem Sedimentrückhalt in den untersuchten Auen und Gleithangbereichen der Unteren Mulde hat.

Darüber hinaus zeigen sich erste morphologische Wirkungen der Maßnahmen, z.B. in der Entstehung einer Auflandung im Fluss im Bereich der Maßnahme ‚Wiederherstellung eines Naturufers‘. Diese wurde durch vergleichende Messungen der Sohltopographie erfasst. Dies gibt positive Signale, dass der fortschreitenden Flussbetterosion durch naturnahe Ufer entgegengewirkt werden kann und ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass vom Steilufer abbrechendes Material entlang des Prallhangs wieder abgelagert wird. Weiterhin hat sich am eingebauten Flussholz eine neue Kiesbank soweit etabliert, dass sich hier bereits annuelle Pioniervegetation ansiedeln konnte und Lebensräume für den Flussregenpfeifer als Brutvogel geschaffen werden konnten.

Diese ersten Ergebnisse zeigen, dass beeinträchtigte Fluss-Auen-Ökosysteme durch hydro-morphologische Revitalisierungsmaßnahmen erfolgreich zu naturnäheren Zuständen zurückfinden können und dadurch dem Fortschreiten des Biodiversitätsverlustes etwas entgegengesetzt werden kann.

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